Interview mit Markus Lott, B.A
Der dritte Interviewpartner war Markus Lott, B.A:
Seinen Bachelor-Abschluss erhielt Markus Lott in den Fächern Japanologie und Politikwissenschaften, die BA-Arbeit verfasste er zum Thema „Tokyo 2020. Japans Bewerbung und die landeseigenen Markenbotschafter.“
Während seines Studiums lag das Forschungsinteresse von Markus Lott im kulturwissenschaftlichen Bereich; er belegte die Schwerpunkte Moderne Literatur und Kultur sowie Ideengeschichte Japans. In seinem Nebenfach Politikwissenschaft forschte er zu dem Themenschwerpunkt „Heritage Studies“ mit dem Fokus auf China.
Seit 2019 hat Markus Lott eine feste Anstellung bei der Tourismus+Congress GmbH Frankfurt am Main.
1. Die Profilbildung während des Studiums ist für Studierende sehr wichtig, was hat Ihnen dabei geholfen?
Es dauerte seine Zeit, ehe ich mich an der Goethe-Universität zurechtfand und wusste, dass ich mich auf dem richtigen Pfad befand. Was mir dabei geholfen hat, war zu verstehen, dass das Studium nicht zwingend in der Regelstudienzeit absolviert werden muss. Natürlich setzen viele diesen Anspruch an sich selbst, gerade weil z.B. die BAföG-Bestimmungen dies notwendig machen können. Mir persönlich hat der fehlende Zeitdruck jedoch geholfen, zu reflektieren, in welche Richtung ich mich bewegen will und wie ich dieses Ziel am besten erreichen kann.
Sich seiner wahren Interessen und Kernkompetenzen bewusst zu werden, ist manchmal schwieriger als gedacht. Nicht alles wird dadurch gelöst, dass der Studienverlaufsplan 1:1 eingehalten wird. Sofern es die eigenen Umstände erlauben, ist die individuelle Gestaltung des Studiums ein vorteilhaftes Unterfangen zur eigenen Profilbildung.
2. Zu welchem Zeitpunkt wussten Sie, welche thematische Richtung Sie im Studium einschlagen möchten?
Tatsächlich hatte ich mich für eine Richtung entschieden, lange bevor ich im 3. Semester angekommen war. Schon während des Propädeutikums fragten uns unsere damaligen senpai nach unserer Planung der thematischen Schwerpunkte im 3. Semester, und manche rieten mir davon ab, den doppelten Kulturschwerpunkt zu belegen.
Davon beirren ließ ich mich letztendlich nicht. Weder damals noch heute interessieren mich die Bereiche Recht und Wirtschaft, und für meinen aktuellen und zukünftigen Berufsweg spielen diese ebenfalls keine Rolle. Ein jeder Studierender sollte zu seinen Präferenzen stehen und sich nicht durch die (subjektive) Meinung anderer beirren lassen.
Sollte einen dennoch die Unsicherheit plagen, ist die Japanologie Frankfurt wirklich der letzte Studiengang, der einem Studierenden im 1. oder 2. Semester nicht die Möglichkeit einräumen würde, probeweise den Kursen des 3. Semester beizuwohnen, um herauszufinden, für was das eigene Herz schlägt. Einfach einmal bei einem der Dozenten nachzufragen, kann einen hier um einiges weiter bringen. Eigeninitiative ist und bleibt ein key element während des gesamten Studiums.
3. Was denken Sie: Ist es wichtiger, eine eigene Nische zu haben oder ein eher breit angelegtes japanwissenschaftliches / wissenschaftliches Profil auszubauen?
Ich sehe dies ähnlich wie die Kolleginnen Rühle und Heislitz. Hier kommt es stark darauf an, ob man sich einer akademischen Laufbahn oder einem „klassischen“ Berufsweg widmet. Viele meiner Mentoren im Studium sprachen von der Notwendigkeit einer Nische, wenn man sich im „akademischen Schlachtfeld“ beweisen und etablieren will. Auch heute erinnere ich mich noch an Prof. Gebhardts Worte, dass man zum Experten seines (BA)Themas werden solle.
Selbst wenn mein eingeschlagener Berufsweg kein akademischer ist, bevorzuge ich im Arbeitsumfeld ebenfalls eine Nische oder vielmehr Nischen thematischer Schwerpunkte, denn leider ist es im alltäglichen Arbeitsumfeld nicht möglich, sich immer nur das auszusuchen, worauf man Lust hat. Jede Firma mag unterschiedlich in ihrer Handhabung und Liberalität sein, was die Gestaltung des Arbeitsalltages angeht, jedoch ist es stets ratsam, sich selbst und dem Arbeitgeber vor Augen zu führen, wo Stärken und Schwächen liegen und wie die eigenen Fähigkeiten der Firma am besten nützlich sein können.
4. Der Berufseinstieg stellt für viele Studierende heute eine Herausforderung dar; wie bereitet man sich am besten darauf vor?
Ich würde empfehlen, realistisch zu bleiben und weder an sich selbst noch an den zukünftigen Arbeitgeber falsche oder unerfüllbare Maßstäbe zu setzen – natürlich immer in der Hoffnung, dass dies von Arbeitgeber-Seite ebenso gehandhabt wird.
Es kann durchaus vorkommen, dass innerhalb der ersten Berufsjahre nicht gleich eine leitende Position eingenommen werden kann oder Gehälter nicht genau dem entsprechen, was (in)offizielle Quellen aufzeigen. Die berufliche Karriere ist ein Prozess ohne zeitlich absehbaren Endpunkt und kein Projekt, das nach einer bestimmten Zeit vorbei ist.
Studierende sollten sich außerdem nicht von anspruchsvollen Stellenbeschreibungen entmutigen lassen. Sollte eine einzige Anforderung nicht passen oder erfüllbar sein, obwohl es der gesamte Rest ist, kann eine Bewerbung trotzdem glücken. In der Zeit, in der die eigenen Gedanken um die Zweifel ihre Kreise ziehen, kann eine Bewerbung längst abgeschickt sein. Es gilt voranzugehen, am Ball zu bleiben, und wenn man einen Platz erreicht hat, an dem es einem gefällt, nicht mehr loszulassen.
5. Kontakte gelten als etwas Unverzichtbares; wie wichtig waren persönliche Beziehungen für das, was Sie heute machen?
Kontakte bzw. „Vitamin B“, sind unerlässlich. Zwar verhalfen mir meine akademischen Kontakte nicht direkt zu der derzeitigen Arbeitsstelle, aber ich lernte von ihnen etwas über den Umgang mit höhergestellten Personen, angemessenes Verhalten und angemessenes kommunikatives Auftreten.
Wenn es darum geht, wie wichtig persönliche Beziehungen für mich heute sind, würde ich sagen, dass diese noch wichtiger sind als während der Suche nach einem Arbeitsplatz.
Studierende sollten stets darum bemüht sein, ein Netzwerk an Kontakten aufzubauen und, hier kann ich der Kollegin Rühle wieder nur zustimmen, dass es dann darum geht, Kontakte nicht nur zu sammeln, sondern allem voran zu pflegen. Ein (un)regelmäßiger Austausch kann weitaus mehr für die weitere Karriere tun als die x-te Weiterbildung. Präsenz zu zeigen, ist hier das key element. Nur so wird man für potenzielle Stellen (neue, neu zu besetzende, Beförderungen o.Ä.) in Betracht gezogen, diesbezüglich angesprochen oder sogar vorgeschlagen. Wer würde in seinem Leben nicht gerne einmal „ge-headhunted“ werden?
6. Können Sie ein paar Hinweise zum Thema Praktika geben und sagen, inwiefern Sie die Tätigkeiten im Praktikum beeinflusst haben?
Das wohl Wichtigste, was ich während meiner zwei Praktika gelernt habe, ist, dass Praktika auf keinen Fall zu unterschätzen sind und es gilt, sich bewusst zu machen, wo man sich gerade befindet und was man daraus entwickeln kann.
Es ist eine der seltenen Möglichkeiten für Studierende, mit dem realen Berufsfeld – also auch potenziellen Arbeitgebern oder wichtigen Ansprechpartnern mit einem beruflichen Netzwerk – in Kontakt zu kommen sowie Chancen ergreifen oder aufbauen zu können.
Beide meiner Praktika – eines davon ein damaliger Nebenjob – bewegten sich im Themenfeld des Tourismus. Ich verwies stets vehement darauf, dass dies nur eine Nebentätigkeit für mich sei und ich mir nicht vorstellen könnte, dies als Hauptberufsweg einzuschlagen. Nun bin ich im Tourismusmarketing für die Stadt Frankfurt am Main tätig und betreue unter anderem den japanischen Markt: Ironie des Schicksals.
Studierende sollten sich stets auf das einlassen, was sie umgibt und womit sie sich konfrontiert sehen. Nur so können Chancen wahrgenommen und ergriffen werden, und es kommt kaum vor, dass sich auf Anhieb die richtigen Antworten, Themen, passenden Berufsfelder o.Ä. vor einem auftun.
7. Hat Ihnen der Japanologie-Abschluss dabei geholfen, sich von anderen Bewerbern positiv abzuheben?
Mir hat er maßgeblich geholfen, nämlich dabei, mitverantwortlich für die Bearbeitung des japanischen Marktes in unserem Unternehmen zu werden.
An dieser Stelle möchte ich ebenfalls anmerken, dass dies nur zu einem Teil darauf basiert, dass ich der japanische Sprache mächtig bin, sondern – und dies wird sicher jeder schon einmal in Herrn Wolderings Unterricht gehört haben – aus dem einfach Grund, dass ich in der Lage bin die Luft zu lesen.
Der wichtigste Punkt für die Bearbeitung eines Auslandsmarktes besteht darin, dass ein Grundverständnis für den Markt, also dessen Land, Bewohner, Kultur, usw. vorhanden ist.
Hier hoffe ich, dass den Studierenden klar wird, dass ihre Japanisch-Kenntnisse nicht die einzige „Waffe“ sind, um sich von anderen Bewerbern positiv abzuheben. Das Studium der Japanologie umfasst weit mehr als nur den Sprachunterricht. Auch die Arbeitswelt verlangt mehr als reine Sprachbeherrschung, sondern basiert auf den Fähigkeiten, strukturieren und logisch denken zu können: Soft-Skills, Soft-Skills, Soft-Skills.
8. Aktuell sind Sie Mitarbeiter bei der Tourismus+Congress GmbH Frankfurt am Main (TCF): Wie kamen Sie zu dieser Beschäftigung?
Über eines bzw. das zweite angesprochene Praktikum in Frage 6.
Ohne groß ausschweifen zu wollen, ereignete sich das Ganze wie folgt:
Praktikant im Bereich Auslandsmarketing für 6 Monate → Studentische Aushilfe im Bereich Deutschlandmarketing für 1 1/2 Jahre → Abschluss des Studiums → Festanstellung als Assistent im Bereich Tourismusmarketing.
Nach Beendigung meines Praktikums fragte ich proaktiv nach Möglichkeiten, weiterhin für die TCF tätig sein zu dürfen, und wurde daraufhin als studentische Aushilfe übernommen. Danach fokussierte ich mich auf die Ausübung dieser Arbeit sowie den Abschluss meines Studiums. Während dieser Zeit wurde mir dann eine Festanstellung nach meinem erfolgreichen BA-Abschluss in Aussicht gestellt.
Durch die Zeit bei der TCF erkannte ich sukzessive, dass der Bereich Tourismus für mich mehr als nur ein Nebenjob war und ich mir eine berufliche Zukunft in diesem Feld durchaus vorstellen konnte. Bis zu diesem Praktikum hatte ich ebenfalls noch nie etwas mit Marketing zu tun gehabt, lediglich die furchteinflößenden Geschichten meiner Kommilitonen gehört, die tatsächlich Marketingvorlesungen besuchten und versucht haben, diese zu be- oder besser gesagt zu überstehen. Letzten Endes unterscheidet sich der Arbeitsalltag doch sehr vom Uni-Alltag, und ohne Praktika geht einem die Chance verloren, genau dies für sich selbst herauszufinden.
9. Können Sie uns etwas über Ihre alltäglichen Beschäftigungsfelder erzählen? Können Sie dabei immer noch aus den Grundlagen Ihres Japanologie-Studiums Nutzen ziehen?
Als Assistent im Tourismusmarketing ist es meine Aufgabe, die Stadt Frankfurt am Main sowie die Region FrankfurtRheinMain touristisch im In- und Ausland zu vermarkten. Dies geschieht z.B. über Anzeigen und Advertorials, der Bespielung von Social Media-Kanälen oder den Versand von Newslettern. Hier kommen zweifellos die im Studium erworbenen People- und Soft Skills zum Tragen und, sobald es an die Bearbeitung des japanischen Marktes geht, natürlich auch das entsprechende kulturelle Grundlagenwissen aus dem Bereich der Japanologie.
10. Was war das Wichtigste, das Sie im Verlauf Ihres Studiums gelernt haben?
Ich meine, dass ich mein Studium mit sehr vielen wichtigen Eindrücken und Erkenntnissen abschließen konnte. All diese auf eine einzige – die „wichtigste“– Sache zu beschränken, schaffe ich nicht. Daher im Folgenden eine kleine Auswahl:
- Kurzfristiges Auswendiglernen (z.B. für Kanjistests) ist nur eine weitere Art der Prokrastination und letztendlich enttäuscht man damit nur sich selbst und alle, die an einen glauben. Lernen zu priorisieren und sich die eigene Zeit richtig und vernünftig einzuteilen, ist der Schlüssel zum Erfolg.
- Es ist nie falsch, sich Hilfe zu suchen, sei es bei der Familie, bei Freunden, Kommilitonen, Lehrenden oder bei den Angeboten der Goethe-Universität Frankfurt, wie z.B. der psychologischen Beratung, der Beratungsstelle bzgl. Zweifel am Studium, den Schreibwerkstätten, dem Prüfungs- oder Berufscoaching, usw.
- Die Eigeninitiative, die das Studium hauptsächlich benötigt, kann antrainiert werden. Ob dies letztendlich durch interne oder externe Motivation geschieht, ist hierbei egal. Letztendlich steht es im Interesse aller Beteiligten, dass man das Studium erfolgreich absolviert und als stolzer Absolvent die Universität mit all den gesammelten Erfahrungen und den vielen Eindrücken in guter Erinnerung behält.
11. Hätten Sie rückblickend in Ihrer Studienzeit gerne etwas anders gemacht?
Rückblickend hätte ich gerne viele Dinge anders gemacht, aber letztendlich führe ich mir immer wieder vor Augen, dass ich nicht dort wäre, wo ich jetzt bin, wenn ich etwas anders gemacht hätte. Ich glaube, ein jeder Japanologie-Student wünscht sich am Ende, sie oder er hätte mehr Kanji gelernt, im Unterricht besser aufgepasst, den Mut gehabt, sich für ein Stipendium zu bewerben etc. Mit sich selbst, dort wo man steht, zufrieden zu sein, ist viel wichtiger, als sich immer wieder die Frage zu stellen „Was wäre gewesen, wenn …“. Man sollte seine Kraft aus dem ziehen, was man geschafft hat.
12. Machen Ihnen Texte bzw. die Arbeit mit der Sprache immer noch Spaß?
Nach einer Zeit des Zweifelns, ob das Studium der Japanologie für mich das richtige gewesen ist, wurden all diese während meines ersten Aufenthaltes in Japan, im Zuge einer Geschäftsreise, aus dem Weg geräumt. Die Wirkung, die ein Aufenthalt in Japan für einen angehenden Japanologen mit sich bringt, ist nicht zu unterschätzen.
Die direkte Auseinandersetzung mit der Sprache und Kultur bereitet mir in meinem aktuellen Berufsalltag – soweit es vorkommt – regelmäßig Spaß und ich freue mich schon jetzt darauf unsere japanischen Kontakte wieder live vor Ort – in Frankfurt und/oder Japan – begrüßen und kennenlernen zu dürfen. Auch versuche ich, mich täglich mit der Sprache zu umgeben und sei es nur durch das Wiederholen simpler Schriftzeichen. Ich würde mein gewonnenes Verständnis für die Sprache und die Kultur nicht mehr missen wollen.
13. Was würden Sie Japanologie-Studierenden heute raten bzw. mit auf den Weg geben wollen?
Vieles was ich den Studierenden als Rat mit auf den Weg geben möchte, findet sich hoffentlich bereits in den Antworten der bisherigen zwölf Fragen. Gerne stelle ich mich aber auch nochmals persönlich zur Verfügung, sollte es Rückfragen geben oder der Wunsch bestehen, sich einfach einmal auszutauschen.