Interview mit Johanna Tübbing, M.A.
Von 2003-2009 studierte Johanna Tübbing (ehem. Mauermann) an der Goethe-Universität Frankfurt Japanologie und Medienwissenschaften. Ihren Magister erlangte sie mit Ihrer Abschlussarbeit „Das Phänomen Handyromane in der zeitgenössischen japanischen Literatur.“, die 2011 als zweiter Band der Reihe zur japanischen Literatur und Kultur im EB Verlag in Buchform veröffentlicht wurde.
Nach ihrem Abschluss war Johanna Tübbing zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Frankfurter Japanologie tätig, ehe sie ihre aktuelle Stelle bei ProSiebenSat.1 Media SE antrat.
1. Zurzeit arbeiten Sie bei ProSiebenSat.1 Media SE. Können Sie uns etwas über Ihre Aufgaben und Beschäftigungsbereiche verraten?
Inwiefern sind Ihnen dabei die Grundlagen Ihres Japanologie-Studiums von Nutzen?
Ich arbeite bei der ProSiebenSat.1 Gruppe im Bereich des Lizenzeinkaufes, d.h. ich erwerbe Rechte an Programmen, die dann auf unseren Sendern und Plattformen zu sehen sind. Mein Fokus liegt hierbei sowohl auf Filmen und Serien für unsere PAY-TV-Sender als auch auf Anime für unseren Free-TV-Sender ProSieben MAXX.
Konkret stehe ich also stets in Verhandlungen mit externen Firmen zu deren Inhalten, ob nun Serien oder Filme oder Anime. Meine interkulturelle Kompetenz ist besonders für die Verhandlungen mit Japan grundlegend. Japanisch auf Business Level ist keine zwingende Voraussetzung, jedoch sehr hilfreich.
2. Wie haben Sie zu der Kombination aus Japanologie und Medienwissenschaften gefunden?
Das Interesse an Anime und Japan hat mich bereits in Teenagerjahren gepackt und ich begann bereits in der Schulzeit, Japanisch zu lernen. Der aus meiner Sicht logische nächste Schritt war, meine beiden Interessen – Japan und Medien – auch innerhalb eines Studiums zu kombinieren. Ich hatte damals kein konkretes Berufsbild vor Augen, war aber überzeugt, dass ich durch mein Interesse auch entsprechend leistungsbereit wäre und das eine zum anderen führen würde.
3. 2009 haben Sie Ihre Magisterarbeit zum Phänomen des Handyromans geschrieben, die überarbeitete Version erschien kurz darauf in Buchform. Wie gestaltete sich hierbei Ihre Themenfindung? Hatte diese Arbeit Einfluss auf Ihren Berufseinstieg?
Im Laufe meines Studiums habe ich immer Synergien gesucht, beide Hauptfächer zu kombinieren, und diese auch gefunden. So habe ich z.B. mit den Methoden der Filmwissenschaft japanische Dramaserien analysiert. An Medientrends war ich ebenfalls interessiert und stieß so auf das Phänomen der Handyromane.
Mein Einstieg bei ProSiebenSat.1 war in der Abteilung „Format Scouting“, in der weltweite TV-Trends beobachtet werden. Dort hat man es sehr positiv zur Kenntnis genommen, dass ich mit den Handyromanen einen japanischen Trend entdeckt hatte, der hierzulande noch so gut wie unbekannt gewesen war.
4. Hat Ihnen der Japanologie-Abschluss dabei geholfen, sich von anderen Bewerbern positiv abzuheben?
Davon bin ich überzeugt. Meiner Meinung nach wird der erfolgreiche Abschluss eines Japanologie-Studiums hoch bewertet, da es als schwierig und komplex gilt.
5. Was denken Sie: Ist es wichtiger, eine eigene Nische zu haben oder ein eher breit angelegtes japanwissenschaftliches / wissenschaftliches Profil auszubauen?
Das ist schwierig zu gewichten. Ein breit angelegtes japanwissenschaftliches Profil scheint mir eine unabdingbare Grundlage zu sein. Schließlich ist es unsere Aufgabe, auf Klischees und gängige Fehlinterpretationen hinweisen zu können. Auf dieser Grundlage folgt dann eine Spezialisierung durch die Erfahrungen, die man im weiteren Berufs-/Forschungsleben macht. Für eine Karriere in der Wissenschaft ist eine Nische zwingend notwendig. Auch hier halte ich es für sinnvoll, in zukunftsweisende, relevante und dadurch „breitere“ Themen einzusteigen.
6. Was hat Ihnen bei der Profilbildung während des Studiums geholfen?
Allen voran der Austausch mit anderen Studierenden, Erfahrungen praktischer Art (Praktika, Vorträge, Workshops) und Aufenthalte in Japan.
7. Können Sie ein paar Hinweise zum Thema Praktika geben und inwiefern Sie außeruniversitäre Tätigkeiten beeinflusst haben?
Ich habe sowohl in Deutschland als auch in Japan Praktika absolviert. Einmal beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt in der Filmförderung, wo ich erste Erfahrungen im Rundfunkbetrieb sammeln konnte. In Japan war ich bei der OAG (Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens), wo ich bei der Erstellung der monatlichen Zeitschrift unterstützte und wertvolle Einblicke in die deutsch-japanische Zusammenarbeit erhielt. Ein Highlight der außeruniversitären Tätigkeiten war jedes Jahr das Filmfestival NIPPON CONNECTION, bei dem ich ehrenamtlich tätig war.
8. Zu welchem Zeitpunkt wussten Sie, welche Richtung Sie später einmal einschlagen möchten?
Mir war bereits im Hauptstudium klar, dass mein Weg einen Zusammenhang zu Japan haben sollte. Im Laufe meines Studiums war ich sowohl der wissenschaftlichen als auch einer wirtschaftlichen Karriere zugeneigt. Ein Berufsleben ist lang und entwickelt sich immer weiter. Aktuell arbeite ich in der Wirtschaft mit großem Bezug zu Japan und bin gespannt, wohin die Reise geht.
9. Kontakte gelten als etwas Unverzichtbares; wie wichtig waren persönliche Beziehungen für das, was Sie heute machen?
Beziehungen sind ungemein wichtig. Wir Menschen sind soziale Wesen und wenngleich es nicht per se ein sogenanntes „Vitamin B“ braucht, um einen Job zu bekommen, so ist doch der Austausch mit anderen unverzichtbar. Eine kleine Anekdote dazu: Die Stellenausschreibung bei ProSiebenSat.1 hätte ich damals urlaubsbedingt übersehen, hätte nicht eine gute Freundin und Kommilitonin mich darauf aufmerksam gemacht.
10. Was war das Wichtigste, das Sie im Verlauf Ihres Studiums gelernt haben?
Eine sorgfältige Arbeitsweise als Fundament, die Fähigkeit der Recherche und allgemein eine Flexibilität im Geiste.
11. Hätten Sie rückblickend während Ihrer Studienzeit gerne etwas anders gemacht?
Rückblickend hätte ich gerne mehr Zeit in Japan verbracht, am besten ein Jahr am Stück statt einiger mehrmonatiger Aufenthalte. Man ist später im Leben gegebenenfalls nicht mehr so flexibel wie zu Studienzeiten und sollte diese Phase dafür nutzen.
12. Was würden Sie Japanologie-Studierenden heute mit auf den Weg geben wollen?
Sie haben alle Möglichkeiten. Wenn die Japanologie Ihr Fach ist, werden Sie mit Fleiß, Verstand und Engagement Ihren Weg gehen. Wie dieser sich genau gestaltet, können nur Sie selbst herausfinden, indem Sie stets ehrlich zu sich sind und immer wieder überprüfen, was Ihre Ziele sind.
Sehr schönes Interview, dass Hoffnung macht einen Job als Japanologe mit Japanbezug zu finden.
Auch ich gehöre zu den glücklichen Japanologie-Absolventen, die nach dem Studium in einer japanischen Firma untergekommen sind. Tatsächlich war es das Angebot erneut an einer japanischen Firma tätig zu werden, das mich früher als geplant aus meinem Alltag als Hausfrau und Mutter zurück in den Berufsalltag gelockt hat. Ich kann daher meiner lieben ehemaligen Kommilitonin und inzwischen langjährigen Freundin nur beipflichten: mit Fleiß und Engagement und der Liebe zu Japan findet man auch einen Job mit Japanbezug.
Vielen Dand für den Beitrag. Als Außenstehender mit null Bezug zur Japanologie in Frankfurt fasziniert mich ein dem Anschein nach komplett fehlender Bezug zur Wirtschaft. Dies mag an der Kommunikation liegen, aber die Themen der Gastvorträge sind ausschließlich von literarischer Natur. Es scheint mir ein extremes Defizit an Themen der Politik aber vor allem der Wirtschaft zu geben — und dies in der Finanzmetropole Frankfurt. Eventuell werden diese an einem anderen Lehrstuhl abgehandelt wobei man dann erwarten würde, dass zumindest darauf hingewiesen wird. Mir scheint alles würde hier eine große Chance vertan; sicherlich ist eine Abhandlung über die An- bzw. Herausforderungen von Forschungsdatenmanagement in wissenschaftlichen Bibliotheken aus Sicht der Japanologie/Ostasien-Studien Interessant, aber die Neuaufstellung bei der BOJ, oder eine Reihe zu den spannendsten Japanischen KMUs wäre doch sicherlich auch Mal spannend.